Mehr Lebensfreude und Gelassenheit fürs neue Jahr – Wer will das nicht? Als „Coach für die Hosentasche“ soll der schön gestaltete Kalender von Carola Kleinschmidt unser Gespür für überlastende Situationen schulen, die Selbstreflexion anregen und uns spielerisch zu mehr Balance verhelfen, im Job, aber auch im Privatleben. Carola ist Autorin, Diplom Biologin sowie Trainerin für Stressprävention und Burnout-Prophylaxe. In unserem Gespräch geht es um ihren druckfrischen Coaching-Kalender, um Werte und um Psychohygiene in Zeiten der Pandemie.
Inhalt
Carola, „gesünder arbeiten – besser leben“ und dabei hilft uns ein Kalender? Wie funktioniert das?
Okay, zum Beispiel wissen die meisten von uns, dass Pausen helfen, um mit mehr Energie durch den Arbeitstag zu kommen. Sie wissen auch, dass kleine Alltagsrituale, das ‚Runterkommen‘ erleichtern oder dass eine Minute Bedenkzeit uns davor bewahrt, allen sofort jeden Gefallen zu tun und dadurch selbst ständig unter Druck zu geraten. Alles gute Maßnahmen, die sofort wirken, aber leider nicht sehr lange. Nur wer dranbleibt, kann sich vor Dauerstress besser schützen. Das ist aus der Stressforschung bekannt, aber eben auch gar nicht so einfach. Wir können die Belastungen oft nicht vermeiden, aber wir können mit etwas Training lernen, besser mit ihnen umzugehen und uns richtig zu erholen. Um diesen Trainingsprozess geht es. Mein Kalender unterstützt dich dabei neue, gesündere Verhaltensweisen als Gewohnheiten in deinem Leben zu etablieren und es dadurch nachhaltig positiv zu verändern. Dazu gibt es dann Coaching-Übungen und Reflexionsaufgaben, die Spaß machen, die auf keinen Fall belasten sollen.
„Erholungskompetenz“ ist ein wichtiges Thema in der Stressforschung?
Ja, um mit meiner Energie nach einer Anspannung wieder ins Plus zu kommen, muss ich wissen, wie ich mich erhole. Das ist sehr individuell. Ich kann Leserinnen und Lesern aber Tools an die Hand geben zum Ausprobieren. Minutenpausen sind für die einen zum Beispiel eine supereffektive Achtsamkeitsübung, während sich andere in ihrem Flow unterbrochen fühlen und lieber nach einem konzentrierten Arbeitsvormittag eine Weile durch den Herbstwald schlendern.
Warum ist Burnout Prävention heute so wichtig?
Wir sollten hinschauen, wo unser Stress herkommt. Oft stehe ich einer Herausforderung gegenüber und denke, „Das schaffe ich nicht“. Das ist dann Stress pur und zugleich eine häufige Situation in unserem Alltag. Ich möchte zum Beispiel meinen Job gut machen, gleichzeitig aber meine Kinder optimal unterstützen. Bei jedem meiner Ziele habe ich eine Vorstellung davon wie ein Erfolg auszusehen hat. Im Job möchte ich möglichst noch heute den Zuschlag für das neue Projekt. Mein Kind soll gut sein in der Schule, um es später vielleicht leichter zu haben. Auf dem Weg zum Ziel, gibt es dann aber Stolpersteine und zwar auch deshalb, weil unterschiedliche Lebensbereiche widersprüchliche Anforderungen mit sich bringen. Das ist sehr typisch für unsere Zeit. Oft versuchen wir in so einer Situation, immer noch mehr Reserven zu mobilisieren, damit möglichst alles auf einmal machbar ist. Das ist ein Fehler, der geradewegs in die Erschöpfung führt. Viel besser ist es, zu reflektieren, zu entscheiden was mir wirklich wichtig ist und meine Ziele dann nach zu justieren. Kann ich ein neues Jobprojekt vielleicht ins kommende Jahr verschieben, wenn ich bemerke, es läuft gesundheitlich gerade nicht ganz so rund oder ich möchte einfach die Familie an erste Stelle rücken?
Die Coaching-Kalender, die ich kenne, mischen Zeit- und Terminplanung mit Trainings-Impulsen. Du setzt auf ein reines Coaching-Programm für 52 Wochen. Was war deine Idee dabei?
Schon interessant, dass wir „Kalender“ fast immer mit „Terminkalender“ verbinden. Genau das wollte ich nicht. Mein Kalender ist eher ein Tool, das Übungen und Impulse aus meinen Stressmanagementkursen noch einmal anders vermittelt. Es geht eher um „Zeit für mich“ und nicht so sehr darum, Coaching-Impulse zu nutzen, um zum Beispiel im Job noch erfolgreicher zu sein. Eine Inspiration ist beispielsweise auch, dem Rhythmus der Natur zu folgen. Im Januar vielleicht noch das vergangene Jahr zu reflektieren, im Frühjahr Projekte anzuschieben, in den Herbstmonaten zu ernten und um die Weihnachtszeit darüber nachzudenken wie schaffe ich Nähe und ein gutes Miteinander, aber auch, wie viel Distanz brauche ich gerade, um mich wohl zu fühlen.
Eins deiner Themen sind „Werte“. Warum brauchen wir Werte, um gesünder zu leben und zu arbeiten?
Wenn ich meine Werte kenne, fällt es mir leichter Entscheidungen zu treffen und auch dadurch reduziere ich Stress. Das fängt bei alltäglichen Dingen an: „Kaufe ich die Limo, weil das Design so schick und das Produkt gerade gehypt wird oder weil es ein nachhaltiges Produkt ist?“ Bei Projekten im Job wird es einfacher für mich, wenn ich zum Beispiel weiß, dass ich jemand bin, dem persönliche Entwicklung wichtig ist. Ich muss dann nicht lange überlegen, ob ich mich für eine Aufgabe entscheide, bei der ich Neues dazu lerne oder für eine andere, die vielleicht langweiliger ist, aber mit mehr Prestige verbunden.
Konflikte im Job sind oft auch Konflikte zwischen zwei Werten. Zum Beispiel möchte ich bei meiner Arbeit verbindlich und engagiert auftreten. Gleichzeitig will ich unternehmerisch handeln. Das kann im Klartext bedeuten, ich möchte zwar einen Auftrag zusagen, fange aber erst verbindlich an, wenn ich den Vertrag dazu unterschrieben habe. Solche Konflikte muss ich mir bewusst machen, um sie nicht nach außen zu projizieren. Sonst kommt dabei vielleicht etwas raus wie: „Ich bin so zuverlässig, so engagiert und der andere schickt mir nicht einmal den Vertrag“.
Die Corona Pandemie bedeutet für viele von uns ebenfalls Stress. Kannst du Präventions- Strategien empfehlen?
Die Idee zu einem Kalender, der wie ein Stressmanagement-Kurs wirkt, kam auch durch Corona. Durch die Pandemie fallen viele Entspannungsmöglichkeiten weg, Sportstudios haben geschlossen, Theater- oder Restaurantbesuche fallen flach. Die Möglichkeiten Kurse oder Workshops zu besuchen sind eingeschränkt. Gleichzeitig ist Psychohygiene noch wichtiger als sonst. Psychische Erkrankungen werden durch Ängste getriggert und nehmen zu. Ich wollte ein niedrigschwelliges Angebot schaffen, das Kraftquellen aufzeigt und Wege, um (wieder) in Balance zu kommen. Das ist für uns alle wichtig. Wer nur noch verängstigt auf dem Sofa sitzt, findet keine Lösungen. Er hat keine Ideen mehr, die der Gemeinschaft zugutekommen, weil es ihn nicht mehr interessiert, wie es gelingt das Restaurant nebenan zu unterstützen, das gerade schließen musste oder ob der Nachbar gerade Unterstützung braucht. Auch hier geht es um Reflexion, nicht um Aktionismus, also um etwas, das sich mit meinem Kalender gut üben lässt.
Carola Kleinschmidt: „Gesünder Arbeiten. Besser Leben. Mit mehr Gelassenheit durch 2021″.
Das Interview führte Ulrike Schupp.