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Wie’s geht und gut klingt, steht im „Workbook Gendern“ von Görsch und Rosenbohm.
War Mary Quant, die 1930 geborene britische Modedesignerin und Erfinderin des Minirocks, tatsächlich Tochter zweier walisischer Lehrer? Kaum vorstellbar, dass dies im London von damals schon möglich war. Und ist es auch nicht, denn „mitgemeint“ ist im Artikel der Waiblinger Kreiszeitung vom April 2023 Mildred Quant, die Mutter von Mary.
„Gendern ist viel mehr als ein paar Sterne über den Text streuen,“ sagen Andrea Görsch und Katja Rosenbohm, die als Autorinnenteam gerade erst ihr „Workbook Gendern“ veröffentlicht haben. Das Buch liefert in Kurzform Hintergrundwissen, Argumente für geschlechtssensibles Sprechen und Schreiben, einen „Werkzeugkasten“ und Übungen dazu, wie es gelingt, neutral zu formulieren, ohne Textfluss und Lesbarkeit zu erschweren. Es ist Textschaffenden ebenso zu empfehlen wie Unternehmen, Universitäten, Einzelpersonen oder Behörden. Mitgemeint ist nämlich tatsächlich nicht mitgedacht. Fragt man Menschen nach ihren Lieblingsmusikern, nennen sie vor allem Musiker. Wird nach Musikerinnen und Musikern gefragt, fallen den meisten gleich auch einige Sängerinnen, Komponistinnen oder Virtuosinnen ein. „Sprache schafft Realität“, sagen die beiden Autorinnen und berufen sich damit unter anderem auf die Linguistin Luise F. Pusch, die sich schon in den Siebzigern für eine gerechtere Sprache einsetzte.
Gendersensible Sprache – der Werkzeugkasten
Ist das dudenkonform? Wird‘s durch Gendern nicht zu langatmig? Ist der Stern denn nun erlaubt oder nicht? Görsch und Rosenbohm nehmen Zweifel und Fragen ernst. Der Werkzeugkasten, das Herzstück des Workbooks, stellt bekannte und weniger geläufige Möglichkeiten gendersensibler Sprache vor und informiert gleichzeitig über deren Vor- und Nachteile. Dudenkonformität, ist ein Plus. „Etwas knifflig“, „binär“ oder „kostet etwas Zeit“ eine ehrliche Ansage. Ziemlich etabliert ist das Partizip eins mit Formulierungen wie „die Teilnehmenden“ anstelle von „die Teilnehmer“ oder neutrale Bezeichnungen wie „Fachkraft“ statt „Fachmann“. Mehr Kreativität ist bei der Auflösung zusammengesetzter Begriffe gefordert, etwa wenn aus der „Raucherpause“ eine „Zigarettenpause“ wird. Ungewöhnlicher sind Abkürzungen wie SuS für Schülerinnen und Schüler und wichtig der Hinweis, beim Gendern bitte auch Klischees aufzubrechen und dabei eigene Stereotypen zu hinterfragen. Im Klinikalltag, arbeiten so etwa nicht nur „Ärzte und Krankenschwestern“, sondern auch „Ärztinnen und Pfleger oder Pflegekräfte“.
Vorerst eher binär
Während Schweden schon 2015 ergänzend zu han (er) und hon (sie) für nicht binäre Menschen das Pronomen hen einführte, gibt es in der deutschen Sprache zwar einige Ideen zu entgenderten Formen, aber noch kaum konkretes. „Theilnehmy“ für Teilnehmer hat sich bisher ebenso wenig durchgesetzt wie Teilnehmex oder „xier“ als Ersatz für sie und er. Auch der Genderstern, der in England bereits in den neunziger Jahren zum Einsatz kam, um nicht binäre Geschlechteridentitäten mit einzuschließen, entspricht noch nicht der amtlichen Rechtschreibung.
Info zum Buch
Andrea Görsch, Katja Rosenbohm, 2023,
„Workbook Gendern
Mit leicht umsetzbaren Tipps und Übungen“,
Lektorat Ines Balcik